Autorin Stefanie Kloft

Neben der Spur: Israel

Wir haben uns aufgemacht zu einem Abenteuer – acht Tage Israel mit dem Mietwagen. Nicht, dass das etwas sehr besonderes wäre – Israel ist ein touristisch hervorragend erschlossenes Land. Und doch war es eine Reise der besonderen Art. Lasst euch mitnehmen in einige Eindrücke aus dem Heiligen Land.

In der Ferne flimmern die Lichter einer jordanischen Stadt, auf der anderen Seite des Toten Meeres. Die Camplodge in der Wüste ist voll. Meine leise Hoffnung auf eine entspannte Nacht unter dem Sternenhimmel hat sich zerschlagen. Stattdessen: Campen mit 100 anderen. Junge Backpacker, vorrangig aus Europa, Sportler die zum „International Ein Gedi Race“ angereist sind (schlechtes Timing für uns…) und israelische Familien auf Wochenend-Ausflug. Im Zelt nebenan wohnt heute Nacht eine solche. Während wir uns Pitabrot und Hummus reinschieben, rennt die kleine Tochter laut rufend unzählige Male an uns vorbei – immer hin und her zwischen Mama, die das kleine Geschwisterchen schlafen legt und Papa, der in der „Camp-Küche“ das Abendessen kocht. Beim dritten Mal verstehe ich, was sie ruft: „Ey, Abba!“ Hey, Papa! Ich wollte mal fragen… Hey Papa, die Mama hat gesagt… Hey Papa, ich wollte dir noch erzählen…
Unweigerlich kommt mir ein Bibeltext in den Sinn, in dem Jesus seinen Freunden erklärt, wie sie beten sollen: Ey, Abba…
Was für ein schönes Bild: Gott als Papa, der immer ein offenes Ohr hat und der sich (nach dem Kochen) mit allen Kindern auf dem Schoß für eine Runde Gruppenkuscheln in einen Plastikstuhl quetscht. Vor uns liegt eine Woche Israel. Eine Reise durch das Land der Bibel.

Es ist Sonntag, der 18.03. – mein 30. Geburtstag! Irgendwie ein Tag wie jeder andere und irgendwie besonders, in nicht gerade schöner Art und Weise. Aber fangen wir von vorn an.
In Jerusalem treffen wir meine jüngere Schwester, die gerade einen Freiwilligendienst in Israel macht. Wir haben beschlossen, den Tag auf uns zukommen zu lassen und tingeln gemeinsam durch die Altstadt. Grabeskirche, Klagemauer, Souk. In einem Café im muslimischen Viertel lassen wir uns nieder – gemeinsam mit einer Gruppe Frauen, Teil einer türkischen Reisegruppe. Eva und ich sitzen da und trinken arabischen Kaffee, während Sam versucht, unsere Kreditkarten in Gang zu bekommen, die uns unerklärlicherweise kein Geld mehr ausspucken.
Wir kommen ins „Gespräch“ mit den Damen aus der Türkei. Besser gesagt, eine nette Oma möchte sich mit uns unterhalten, doch mangels Türkischkenntnisse unsererseits und Englischkenntnisse ihrerseits bleibt es bei Lächeln und Nicken.
Am späten Nachmittag genießen wir drei den Ausblick vom Ölberg. Als wir nach kurzer Rast im Garten Gethsemane und in der Kirche der Nationen wieder auf die Straße treten, ist alles voller Polizeisirenen. Die Straße zum Damaskustor ist gesperrt. Ein aufgeregter Taxifahrer erzählt, dass wir in keinem Fall in die Altstadt gehen sollen. Aber da liegt unser Hotel, also lassen wir uns nicht beirren, durchqueren das Kidrontal und gehen an der Mauer entlang vorbei am Tempelberg Richtung jüdisches Viertel. Überall Polizei. Das Militär räumt den Platz vor der Klagemauer, aber niemand hält uns auf. Im Hotel erfahren wir, dass es in der Altstadt eine Messerattacke mit zwei Toten gab. Gerüchten zufolge (die später nicht bestätigt wurden) war der Täter, der einen israelischen Wachmann angegriffen hatte, ein türkischer Tourist. Unweigerlich müssen wir an die nette Oma aus dem Café denken…

Der nette Portier unseres Hotels versichert uns, dass man als Tourist immer, wirklich immer sicher sei in Israel. Vorausgesetzt, man ist als solcher erkennbar. Also kurze Hosen, Sonnenbrille und dämlicher Hut sind seine Styling-Empfehlung. Das kriegen wir sicherlich hin.
Da Jerusalem solche Attacken leider häufig erlebt und immer wieder zur Tagesordnung zurückkehrt, tun wir es der Stadt gleich und nehmen uns einen zweiten Sightseeing-Tag vor. Die Stadt wirkt an diesem Tag etwas nervöser als sonst. Mehr Polizeipräsenz, mehr Militär, die Verkäufer in den Souks sind zurückhaltender und die Cafébesitzer schauen angespannt nach links und rechts, wenn um die nächste Ecke Rufe laut werden.
Nach einem etwas denkwürdigen Besuch in der Grabeskirche, geprägt von religiösen Ritualen und Massentourismus, besuchen wir das Gartengrab, eine parkähnliche Anlage hinter dem muslimischen Busbahnhof. Eine Oase der Ruhe in der lauten, überfüllten und angespannten Stadt. Als eine Besucherin mit ernstem Gesichtsausdruck aus dem Steingrab, was große Ähnlichkeit mit der biblischen Beschreibung des Grabes von Jesus hat, tritt, lächelt der Reiseführer sie an und meint: Mach dir keine Sorgen, er ist nicht hier. Und an der schweren Holztür, die das Grab verschließt, steht die Botschaft, die alle Auf’s und Ab’s dieses Landes überstrahlt: He’s not here for he is risen!

Auf unseren Autofahrten durch Israel fasziniert uns vor allem die vielfältige Landschaft des winzigen Landes und vor allem die Wüste. Sie ändert fast hinter jeder Kurve ihr Gesicht. Endlose Weite wird abgelöst von schroffen Gebirgszügen, tiefen Canyons oder verstreuten Steinmonumenten wahlweise in gelb, orange, rot oder braun. Und da es vor nicht allzu langer Zeit geregnet hat auch in grün.
Ganz ähnlich ist es auch mit der Unterwasserwelt. Die Riffe im Roten Meer sollen zu den schönsten der Welt gehören und in jedem Fall für uns zu den farbenfrohsten. Am Morgen unseres Abreisetages schnorcheln wir, bis das Meer uns schummerig geschaukelt hat, mit Rotfeuer-, Kugel- und Anemonenfischen.

Spätabends sitzen wir am Flughafen in Ovda, irgendwo im Nirgendwo. Unser Flieger ist der letzte des Tages – und der letzte der Saison. Als wir der netten Frau an der Passkontrolle die Pässe reichen, schaut sie in den meines Mannes, liest seinen Namen (Samuel) und grinst. Ich will ihr unsere Bordkarten zeigen, doch sie winkt ab.
“It’s the last flight. Where else  could you go?” Sie schiebt uns die Pässe zurück. “Well, maybe to the moon…”

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