Autorin Stefanie Kloft

Auf den Körper hören

Meine letzten Wochen waren voll. Voll mit Terminen, mit Anspannung, mit Problemlösungen. Wie so oft erkenne ich den Moment, wo ich die Grenze der Überreizung überschritten habe, zu spät. Dann schlägt mein Körper Alarm. Er tut es auf unterschiedliche Art und Weise, aber inzwischen kann ich die Zeichen deuten. Besser wäre es, von vornherein einen Schritt zurück zu tun, doch daran muss ich noch arbeiten. Eins nach dem anderen.

Wie bei jedem Menschen ist auch bei Hochsensiblen Körper und Psyche eine Einheit. Stress oder seelische Belastungen können sich in individuellen körperlichen Symptomen niederschlagen. Eine Freundin von mir leidet in Zeiten der zu lange andauernden Überreizung an Migräneattacken. Bei einer anderen Freundin reagiert der Körper mit starken Allergieschüben. Ich bekomme meistens Kreislaufprobleme – Kopfschmerzen, Schwindel, Schlafstörungen – und Rückenschmerzen. Das „zu viel“ auf meinen Schultern schlägt sich körperlich nieder, die anhaltende Anspannung verspannt mich buchstäblich. Und wenn ich dann noch weitermache, bekomme ich „Fieber-Tage“, an denen aus dem Nichts meine Körpertemperatur auf bis zu 39°C steigt und am nächsten Tag ebenso plötzlich wieder in den Normalbereich sinkt. Mein Körper holt sich auf eine ziemlich harte Art und Weise die Auszeit- und Verarbeitungsphase, die ich weit übergangen habe.

Jetzt könnte man meinen, das sei Unsinn, ein weiterer Versuch hochsensibler Menschen, ihre fehlende Leistungsbereitschaft zu rechtfertigen. „Die sollen sich doch mal nicht so haben.“
Weit gefehlt. Inzwischen gibt es Studien zu Körperfunktionen hochsensibler Menschen, die sich zum einen auf das vegetative Nervensystem und zum anderen auf den Hormonhaushalt beziehen.
Das vegetative Nervensystem zeichnet sich dadurch aus, dass es, anders als das motorische Nervensystem, nicht willentlich steuerbar ist. Wenn ich mich den Reizen meiner Umgebung in gewissen Momenten nicht bewusst entziehe, wird mein Nervensystem sie aufnehmen, ob ich will oder nicht. Inzwischen geht man davon aus, dass Hochsensible ein stärker erregbares vegetatives Nervensystem besitzen, was bedeutet, dass mehr Reize aufgenommen werden, die verarbeitet werden wollen. Was mich zum zweiten Punkt bringt – den Hormonen.
Bei Überstimulation reagiert der menschliche Körper mit Stress, das heißt mit Ausschüttung von Adrenalin. Hält die Überstimulation und damit der Adrenalinausstoß an, produziert der Körper ein zweites Hormon, das sogenannte Stresshormon Cortisol. Dieser Stoff baut sich im Körper recht langsam wieder ab, eine weiter anhaltende Überstimulation hat damit einen erhöhten Cortisolspiegel zur Folge und dieser schlägt sich in körperlichen Reaktionen nieder: Infektanfälligkeit, Kreislaufprobleme, Bluthochdruck, Schlaflosigkeit… Und besonders erholsamer Schlaf trägt zum Abbau des Cortisols bei. Überschreitet ein Hochsensibler längerfristig die Grenze der Überreizung, kann das eine ungesunde Abwärtsspirale in Gang setzen.

Ich bin kein Wissenschaftler, aber ich kenne meinen Körper. Besser gesagt, ich lerne ihn und seine Reaktionen kennen. Oft sagt er mir, wann es Zeit ist, sich hinzusetzen und die Seele nachkommen zu lassen. Dann muss ich lernen, nicht auf die anderen zu schielen, die es schaffen, noch weiter zu gehen. Oder auf gut gemeinte Hinweise wie „sich einfach mal zusammenreißen“ zu hören. Denn wenn ich gar nicht mehr kann, ist keinem geholfen. Und außerdem gibt es kein richtig und falsch, sondern nur richtig und richtig.

Kennst du deine körperlichen Reaktionen auf Überlastung? Schaffst du es bereits, auf deinen Körper zu hören?

Bleib dir treu!
Deine Stefanie

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2 Kommentare

  1. Liebe Steffi, in deinem Artikel erkennen ich mich erneut wieder. Ich erkenne die Zeichen meines Körpers auch immer besser und versuche mir Ruhepausen zu gönnen, aber was macht man in einem Job, der nie aufhört extrem stressig zu sein, mit hohen Anforderungen und Dingen, die zu schaffen sind und mich ständig über meine Grenzen gehen lässt?

    LG Judy

  2. Liebe Judy, das ist eine gute Frage, ehrlich… Ich weiß es nicht. Aber ich würde mich gern genau darüber mal mit dir unterhalten, vielleicht können wir zusammen zu dem Thema einen Artikel machen. Liebe Grüße!

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